Am 6. August 2017 beginnt die nächste Etappe unserer Reise. Der Zweigkanal von Nancy soll uns heute zum Vogesenkanal führen. Am Morgen lösen wir die Leinen im Stadthafen von Nancy, 50 Meter weiter legen wir bereits wieder an. Der Wassereinlass unseres Motors ist wieder einmal mit Gras und Blättern verstopft und unser Yanmar droht zu überhitzen. Also Wasserschlauch abmontieren und von innen gut durchblasen, das Gras wird herausgedrückt und alles ist wieder frei – wir haben schon Routine.
An der ersten Schleuse wird die Fahrt erneut unterbrochen. Sie ist defekt – nichts geht mehr. Hinter uns bildet sich bereits eine lange Warteschlange, als schließlich das Auto der Kanalbehörde vorfährt und ein Mitarbeiter die Schleuse von Hand bedient. Endlich geht es weiter und bald biegen wir in den Zweigkanal ein.
Die Spannung steigt: Es war sehr trocken in diesem Frühjahr und wir stellen uns die bange Frage ob genug Wasser im Kanal ist. Wir wurden bereits gewarnt, dass der Vogesenkanal in den nächsten Tagen aufgrund des Wassermangels schließen könnte. Das wäre ganz schlecht für uns, denn der Kanal ist die einzige Verbindung in Richtung Süden weit und breit. Zunächst gilt es jedoch eine Schleusentreppe zu bewältigen. Von einer Schleusenkammer fahren wir in die nächste. Der Nachmittag ist schon weit fortgeschritten, als wir endlich in den Vogesenkanal einbiegen. Erleichtert stellen wir fest, dass der Kanal zumindest gerade offen ist.
Nach einigen Kilometern erreichen wir einen Anlegeplatz in einsamer Natur. Genau das Richtige für uns nach dem quirligen Liegeplatz in Nancy. Die vielen Schleusen lassen uns heute nur 21 Kilometer vorankommen. Ein kleiner Vorgeschmack auf die kommende Woche im Vogesenkanal.
Anleger vor der Schleuse No. 43: Der erste Halt im Vogesenkanal
Um 9.00 Uhr öffnet der Kanal und um 9.01 fahren wir bereits in die erste Schleuse des Tages ein. Wir wollen Strecke machen. Ein relativer Begriff: 9 Stunden und 19 Schleusen später haben wir immerhin 37 Kilometer geschafft.
Im Vogesenkanal: Fahrt durch eine verwunschene Welt
Schleusen
Die Schleusen im Kanal werden vollautomatisch betrieben. Bei der Einfahrt in Nancy haben wir von der Kanalbehörde VNF eine Fernbedienung erhalten, die wir bei der Ausfahrt wieder zurückgeben. Die Routine sieht dann so aus: Vor der Schleuse ist ein Empfänger angebracht, den wir mit der Fernbedienung aktivieren. Die Schleuse wird in Betrieb gesetzt, das Tor öffnet sich und wir fahren ein. Dann machen wir fest, ziehen an der blauen Stange und das Schleusen beginnt. Bei Problemen wird die Schleuse mit der roten Stange gestoppt. Wenn gar nichts mehr geht, gibt es an jedem Schleusenhäuschen ein Telefon mit dem wir Hilfe holen können. Einige Male müssen wir das Telefon auch benutzen, als sich die Schleusen mit der Fernbedienung nicht öffnen lassen. Fazit der Telefonate: Ohne Französischkenntnisse geht hier gar nichts. Ich krame mein verschüttetes Schulfranzösisch hervor (immerhin 9 Jahre und ein Schüleraustausch) und nach einigem Üben klappt es erstaunlich gut. Tatsächlich erscheint jedes Mal das VNF Auto und ein freundlicher Mitarbeiter setzt die Schleuse wieder in Betrieb.
Vollautomatische Schleusen im Vogesenkanal
Vollautomatisch? Nicht immer
Bald haben wir Routine und bewältigen Schleuse um Schleuse. In Nomexy, inmitten der Vogesen, zieht eine Kaltfront über uns hinweg. Das Wetter schlägt um. Es wird plötzlich herbstlich kalt, regnerisch und sehr windig. Wir bleiben erst einmal einen Tag hier bevor wir die Regensachen hervorkramen und weiterfahren.
In Nomexy
Nach Durchzug der Front: Herbstliches Nomexy
Natur Pur
Nach einer letzten anstrengenden Schleusentreppe erreichen wir die Scheitelhaltung des Kanals und der Abstieg hinunter zur Saône beginnt. Tiefe Wälder und Wiesen wechseln sich ab. Es ist der schönste Abschnitt des Kanals und wir sind begeistert von diesem Stück wilder und unberührter Natur im Herzen Europas. Häfen und Versorgungsmöglichkeiten sind rar. Das stört uns nicht. DUDE ist gut verbunkert und wochenlang autark – wir könnten ewig so leben.
Durch die wilden Vogesen
In Fontenoy-le-Chateau beginnt die Zivilisation. Es gibt eine Hausboot Verleihstation mit Hafen, Duschen und Strom. Der Ort ist jedoch teilweise aufgegeben und verlassen, ein trostloser Anblick. Es ist weiterhin kühl und regnerisch. Uns zieht es jetzt mit aller Macht in Richtung Süden. Früh am nächsten Morgen brechen wir auf. Heute wollen wir die Saône erreichen.