Robinson Crusoe`s Insel
Anfang März nehmen wir Abschied vom vertrauten Pigeon Point und segeln hart am Wind entlang der Westküste von Tobago. Der Anker fällt in der Englishman`s Bay, dem Inbegriff der karibischen Traumbucht. Ein einsamer unbebauter Strand schält sich aus dem üppig wuchernden Regenwald, der den Norden von Tobago beherrscht. Papageien fliegen kreischend über unsere Köpfe, am nahen Riff tummeln sich Schildkröten und bunte Fische. Die handvoll Tagestouristen, die per Mietwagen über einen Schotterweg bis zur Bucht vorgedrungen ist, macht sich Mittags auf den Rückweg, ab 16.00 Uhr spätestens gehört diese Idylle uns allein. Wir ahnen, warum Daniel Defoe Tobago als Vorlage für Robinson Crusoe`s Insel wählte.
Drei Tage bleiben wir in der Englishman`s Bay, dann geht es weiter nach Charlotteville im Norden von Tobago. Charlotteville ist sehr schön in der großen Man of War Bay gelegen.
Wir ankern in einer Seitenbucht mit dem bezeichnenden Namen Pirate`s Bay. Von dort gelangen wir mit dem Dinghi in kurzer Zeit nach “Downtown Charlotteville”. Charlotteville hat einen recht rustikalen Charakter, bunte Holzhäuschen stehen entlang dem Strand. Es gibt ein paar kleine Restaurants und Supermärkte mit einer Verkaufsfläche von ca. 10 qm.
Besonders gut schmeckt es uns bei Gale. Sie hat vor ihrem Haus 5 Gartentische samt Plastikstühlen aufgebaut und kocht jeden Tag ein anderes kreolisches und exotisch gewürztes Gericht, das entweder mit Huhn oder Fisch zu haben ist. Das Essen ist phantastisch, so haben wir uns die karibische Küche vorgestellt. Die Bordkasse lacht. Mit Suppe vorweg (Nachschlag auf Nachfrage) bezahlen wir umgerechnet 7 Euro pro Essen.
Das Anlanden mit dem Dinghi ist sehr schwierig in Charlotteville. Eine kurze, steile Brandung bricht sich am Strand. Zum Glück gibt es einen Schwimmsteg, der benutzt werden darf, wenn kein Kreuzfahrtschiff in der Man of War Bay ankert und den Steg mit seinen Beibooten belegt. Als wieder einmal ein solcher Riese ankert passiert es auch. Eine hohe Welle erfasst uns als wir gerade an den Strand fahren wollen und wirft das Dinghi in hohem Bogen um. Wir sind pitschnass, der Außenborder ist salzwassergetränkt und springt nicht mehr an. Rudernd treten wir den Rückzug an. Es dauert mehrere Stunden bis Olaf die Zündkerze getauscht und den Außenborder gereinigt und mit Süßwasser gespült hat. Dann läuft er zum Glück wieder.
Wir unternehmen kleine Wanderungen entlang der Küste, baden und genießen unsere letzten Tage auf Tobago. Nach einem Regentag, den wir in der Koje verbringen, laufen wir nach fast sieben Wochen auf Tobago aus in Richtung Martinique.
Nach Martinique sind es knapp 200 Seemeilen (ca. 370 km). Hoch am Wind und gegen die Wellen segeln wir in die Nacht. Dude stampft und bockt wie ein Rodeopferd. Zum Glück sind wir beide seefest. Davon abgesehen haben wir eine problemlose Überfahrt, am zweiten Tag lässt der Wind etwas nach, sodass wir das Segeln entlang der Luvküste von St. Lucia richtig genießen können.
Abends erkennen wir Martinique im Dunst. Eine schöne Vollmondnacht ist aber schon lange hereingebrochen als wir gegen Mitternacht endlich die Reede von St. Anne erreichen. Mit Hilfe unserer Computerseekarten und GPS tasten wir uns auf den Ankerplatz. Aber oh Schreck! Als wir den Anker fallen lassen wollen rührt sich unsere elektrische Ankerwinsch nicht. Letztendlich wuchten wir die Kette von Hand aus dem Ankerkasten. Als wir endlich sicher liegen, stoßen wir noch mit einem Glas Wein an und fallen erschöpft in die Kojen.
Zum Glück ist die Ankerwinsch im Licht des nächsten Tages schnell repariert, nur ein paar Kontakte waren korrodiert. Wir gehen Anker auf und verholen uns in die in die Lagune von Le Marin.
Frankreich unter Palmen
Le Marin lässt das Yachtie-Herz höher schlagen: Hier ist das totale Einkaufsparadies für Segler. Entlang der Lagune reihen sich Supermärkte, Zubehör- und Elektronikläden, Segelmacher, Reparaturwerkstätten, Kneipen. Überall vor den Läden gibt es Schwimmstege, – Dinghi Docks, die extra ausgebracht wurden damit die vielen Ankerlieger bequem an Land gelangen können. Wie wir später sehen werden, gibt es Dinghi Docks auf vielen karibischen Inseln. Für uns ist dies jedoch ein ungewohnter Luxus. Bisher mussten wir mit dem Beiboot meistens am Strand anlanden.
In Martinique vermissen wir die bunten Holzhäuser, das quirlige karibische Leben, das wir von den anderen Inseln kennen. Keine frei laufenden Hühner und laute Reggae-Musik, die aus offenen Fenstern dringt, sondern gepflegte Steinhäuser allenthalben: Willkommen in Europa unter Palmen! Wir nutzen die Zeit, uns wieder einmal mit europäischen Lebensmitteln und Wein zu verbunkern. Mit Heißhunger stürzen wir uns auf knuspriges Baguette und leckern französischen Käse.
Gut zwei Wochen bleiben wir in Le Marin. Wir mieten ein Auto und besichtigen die Rumbrennerei Clément, verbringen viele Stunden in einer der Kneipen – Mango Bay-, die die gratis Nutzung ihres W-Lan Hotspots innerhalb der Kneipe anbietet. Endlich können wir einmal wieder nach Herzenslust im Internet surfen ohne die teuren Gebühren im Internet Cafe zu bezahlen. Schnell ist noch ein Headset gekauft und wir registrieren uns bei Skype. Nun telefonieren wir fast kostenlos über das Internet mit Familie und Freunden. Das Angebot überzeugt. Das Mango Bay füllt sich schon am frühen Morgen mit Seglern, Laptops werden angeschlossen, Getränke bestellt. Den ganzen Tag herrscht reger Andrang. Die Tische sind voll besetzt mit telefonierenden und surfenden Yachties. Kurzum, das Mango Bay hat sich zu dem Treffpunkt in Le Marin entwickelt. Die Tage vergehen und klingen in fröhlichen Happy Hour Runden aus.
Doch wir wollen hier nicht hängenbleiben. Am 2. April gehen wir Anker auf und verlegen uns wieder nach St. Anne. Von dort wollen wir in Richtung St. Lucia segeln.